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Wie Unternehmen Kreativität fördern und Innovation vorantreiben
- ein Interview

Innovation Coach Anita Krammig bei Wucato im Interview: Wie Unternehmen Kreativität und Innovation fördern

Liebe Anita, wir sind ein junges E-Commerce-Unternehmen, das mit seiner B2B-Beschaffungsplattform die Arbeit der Einkäufer vereinfachen möchte. Unser Anspruch ist es, Innovation und Kreativität zu fördern und zu fordern. Wir freuen uns auf das Interview heute mit dir.

1. Du bist Consultant, Design Strategist & Coach und siehst dich selbst auch als Transformationsbegleiter. Dein Spezialgebiet sind kreative Prozesse, innovative Methoden, Management Training und Coaching. Bist du denn selbst eigentlich kreativ?

Ich verstehe Kreativität als freies Medium, welches in jedem Lebens-, und Arbeitsbereich auftauchen kann und im besten Fall auch eine Rolle spielt. Ich kann mich hinstellen und mit den Zutaten, die ich zu Hause habe, z.B. Zucchini, Tomaten, Olivenöl und Burrata Käse, ein kreatives Essen kochen. Gleichzeitig kann ich meinen Tagesablauf kreativer strukturieren, in dem ich meine To-Do’s visualisiere. Denn, um die Frage nun konkret zu beantworten, jeder kann kreativ sein sofern günstige innere und äußere Umstände gegeben sind.

2. Gibt es für dich einen Unterschied zwischen Kreativität und Innovation?

In meiner Auffassung steht Kreativität für die Originalität einer Idee. Der kreative Prozess ist der Entstehungsprozess, der Ursprung. Innovation steht für Erneuerung und bezieht sich auf die Verwertbarkeit von kreativen Ideen. Der Innovationsprozess prüft die Anwendungsmöglichkeiten und die Effektivität der im Kreativprozess entstandenen Ideen. Im Design Thinking sprechen wir von Innovation, wenn es gelingt, durch eine kreative Idee die Schnittmenge von Technologie (Machbarkeit), Wirtschaft (Marktfähigkeit) und Mensch (Erwünschtheit) zu bedienen.

3. Wie entsteht Kreativität?

Kreativität braucht bestimmte äußere wie innere Bedingungen, um blühen zu können. Leichtigkeit und Loslassen gehören dazu. Leichtigkeit, weil Kreativität nur dann kommt, wenn man nicht verbissen an die Aufgabe herangeht, sondern frei und spielerisch Dinge entstehen lässt.

Eine weitere Bedingung ist Vertrauen. Dazu gehört Selbstvertrauen und Vertrauen in die Anderen, dass meine Ideen und Input wertgeschätzt werden. Wenn ich mich in einem Umfeld bewege, in welchem z.B. strenge Regeln oder eine starre „richtig und falsch“ Denkweise herrscht, dann hindert das meine Kreativität. Kreativität hat Gemeinsamkeiten mit der Liebe, sie braucht Freiraum, Flexibilität und Respekt, damit sie sich entfalten und blühen kann.

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4. Es gibt ja viele Techniken und Methoden um Kreativität in Unternehmen zu fördern. Welche empfiehlst du?

Man kann viele ganz einfache Übungen machen, um Kreativität zu entwickeln, z.B. kleine Aufwärmübungen zwischendurch, um in Bewegung zu kommen oder regelmäßig frische Luft reinlassen und Raum für informellen Gedankenaustausch schaffen.

Die für mich wichtigste Technik ist diese: Brich mit Deinen Gewohnheiten und gönne Dir einen Perspektivenwechsel! Lies ein neues Buch, nimm eine andere Route zur Arbeit, sprich mit einem fremden Menschen, zeichne Deine Gedanken. Durch solche ganz simplen Aktivitäten trägst Du dazu bei, aus Deinen gewohnten Denkmustern auszubrechen.

Ich beginne einen Kreativprozess ganz gerne mit einem offenen Brainstorming, in dem man erstmal alles rauslassen kann, was da und offensichtlich ist. Danach gehe ich oftmals über zu einem „Role Storming“. Hier schlüpft man in die Schuhe anderer Persönlichkeiten und fragt sich z.B. „Wie würde Angela Merkel, Pippi Langstrumpf oder Jay Z das Problem lösen? Jedoch funktioniert nicht jede Methode für jedes Team und jeden Kontext.

5. Innovation wird heute häufig in Zusammenhang mit innovativen und kreativen Menschen gesetzt. Mitarbeiter mit innovativen und neuen Ideen = Innovatives Unternehmen. Geht diese simple Rechnung auf? Oder hängen Innovationsprozesse von ganz anderen Aspekten ab?

Meiner Meinung nach haben viele der heute innovativen Unternehmen eines gemeinsam: Sie stellen den Nutzer ins Zentrum ihrer Bestrebungen. Denn diese können von ihren Pain Points, Sorgen, Frustrationen, aber auch von ihren Wünschen und Ideen berichten, welche dann die Grundlage bilden, um neue Ideen und Innovationen zu entwickeln.

Firmen, die diese Art des nutzerzentrierten Designs verfolgen, schaffen es gewonnene Erkenntnisse und Einsichten zusammenzuführen. Sie sammeln somit ständig Ideen, auf deren Grundlage sie den Innovationsprozess immer wieder erneut anstoßen.

Folglich bedeutet das nicht, dass die innovativsten Unternehmen zwangsläufig die innovativsten Mitarbeiter haben. Vielmehr könnte man sagen, dass sie es schaffen, die richtigen Rahmenbedingungen zu erzeugen und ihren Kunden zu zuhören.

6. Viele Unternehmen haben im Unternehmensalltag Probleme bei der Umsetzung ihrer Innovationsmanagement-Maßnahmen. Wo genau liegen die Herausforderungen?

Die Faktoren, die Innovation hemmen, sind vielfältig. Oft sind es starke Hierarchien, konservative Strukturen, Ängste Fehler zu machen und seine Position zu gefährden. Unternehmen sind komplexe Systemen, vor allem, wenn sie altgewachsene Strukturen haben. Das Reporten und Abnicken von Ebene zu Ebene bringt eine so große Trägheit in den Prozess, sodass die oft wichtige Schnelligkeit einer Maßnahme dabei auf der Strecke bleibt. Die erste Herausforderung liegt also oft bereits darin, vorhandene Strukturen aufzubrechen und so zu verändern, dass ein für Innovationen günstiges Milieu entsteht.

7. Kann man auch mit vermeintlich nicht ganz so innovativen Mitarbeitern Innovationen entwickeln?

Es lässt sich nicht pauschal sagen, ob Mitarbeiter/innen innovativ arbeiten können oder nicht. Motivation, Neugier und Inspiration sowie die Möglichkeit diese ausleben zu können, sind starke Voraussetzungen für Innovation. Es geht auch ganz viel um das Experimentieren, Wagen und Scheitern. Und vor allem um das Scheitern dürfen.

Man muss das Scheitern als wichtigen Bestandteil der Innovationskultur mit einbeziehen, wenn man nicht will, dass Mitarbeiter frustriert werden oder sich aus Angst nichts mehr trauen. Wenn man die Methoden aus Scrum, Design Thinking und Agile Lean ernst nimmt, helfen sie einem Unternehmen oft im Kleinen zu scheitern, dabei aber im Großen auf Erfolgskurs zu bleiben. Das muss allerdings in der Kultur der Organisation verankert sein und akzeptiert werden.

8. Welche Rolle spielt die Zusammensetzung des Teams?

Das Team ist neben einem variablen Raum und des Prozesses selbst eines der elementaren Komponenten des Design Thinking. Ich habe mal George Campbell, Direktor des Institute of Design at Standford, bei einem gemeinsamen Workshop sagen hören: “Just build the right team and the rest will follow“.

Multidisziplinäre Teams haben diverse Expertise, Erfahrung und Wissen, welches sich ergänzt und zu einem holistischen Bild beiträgt. Außerdem ist Vertrauen relevant. Es ist wichtig, dass ich mich zeigen kann, wie ich bin und meine Ideen frei äußern kann, ohne dafür ausgelacht oder belächelt zu werden. Der innovative Output eines Teams basiert auf guten Methoden, aber auch auf der gemeinsamen Übereinkunft zu einer Arbeitskultur im Team.

9. Welche ersten Schritte sollten Unternehmen jetzt machen, um innovative Ideen zu fördern?

Ich bin keine große Verfechterin von „soll“ und „muss“. Es ist bestimmt nicht verkehrt, sich heute als Unternehmen umzuschauen, was gerade aktuell in der Welt passiert und dabei auch über den Tellerrand zu schauen. Raus aus der eigenen Branche, Abteilung und raus aus der bekannten Suppe. Gerne mal neue Apps ausprobieren oder auch alternative Informationsquellen aufdecken, wie das Wirtschaftsmagazin Neue Narrative. Vielleicht könnte ein erster Schritt sein, sich damit zu beschäftigen, was die jüngeren Generationen machen? Mit welchen Themen beschäftigen sie sich und was ist für sie relevant?

10. Was sind die aus deiner Sicht drei größten Innovationsbooster in einem Unternehmen, um langfristig innovativ zu sein?

Mate, Kickertisch und Beer’o’clock - das könnten die Booster also sein, aber es ist eher ein Spaß. Ein Unternehmen, das über das Mate-Trinken hinaus innovativ bleiben möchte, stellt seine Kunden in das Zentrum von neuen Entwicklungen – und zwar nicht nur in Gedanken, sondern auch in Wirklichkeit. Ein Entwickler-Team, dass sich scheut Kunden einzuladen, ehrlich zu befragen und einzubeziehen, wird es schwer haben, ihren Nerv zu treffen - gerade in einer sich so schnell wandelnden Welt. Das ist aber nicht alles.

Ein zukunftsfähiges Unternehmen versteht, dass glückliche und geförderte Mitarbeiter/innen auch gute Arbeit leisten und nach vorne mitdenken möchten. Den Mitarbeitenden einen Vertrauensvorschuss schenken und ihnen Freiheiten lassen, hilft bestimmt auch. Sich immer wieder selbst hinterfragen, wie und wo stehen wir gerade, was ist unser eigentliches Ziel und sind wir noch auf dem Weg, den wir gehen wollen? Eigene Weiterbildungen zur Innovationsfähigkeit und Kreativität, egal ob zweitägiger Workshop oder ein zweijähriges Programm - Hauptsache Machen. Lernen werden wir gemeinsam auf dem Weg.

Portrait Anita Krammig

Soziologin ANITA KRAMMIG lebt & arbeitet als selbstständige Innovationsberaterin, Design Strategist & Coach in Berlin. Sie begleitet Individuen, Teams und Organisationen bei Veränderungsprozessen. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt darin, kreative Ko-Kreationen in verschiedensten Team-Konstellationen zu ermöglichen, persönliches wie organisatorisches Wachstum zu fördern und Potenziale zu identifizieren und zu entwickeln.

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