Digitale Assistenten im Einkauf - 3 Use Cases zur Automatisierung von Prozessen und Kommunikation
Die Digitalisierung im Einkauf nimmt weiter Fahrt auf. Plattformen und Softwareanbieter zur Optimierung von Prozessen in Einkaufsabteilungen wachsen und etablieren sich als Beschaffungslösung. Die neue Technologie “Conversational AI” bzw. auch bekannt unter Chatbots dringt neuerdings ebenso in diese Einsatzbereiche ein. Was genau hinter dieser Technologie steckt und welche Anwendungsbereiche sich erschließen, erfahren Sie jetzt:
Wie funktioniert die Technologie von Chatbots?
Unter dem Oberbegriff Conversational AI versteht man die Automatisierung von Kommunikation in natürlicher Sprache an Kontaktpunkten durch Voice und Chatbots. Letzteres ist eine Technologie, die mit Hilfe von Machine Learning Anfragen automatisiert beantworten kann. Dahinter steckt ein Teilbereich von künstlicher Intelligenz: Natural Language Processing bzw. Understanding. Wie überall in der KI sind die Systeme auf bestehende Beispieldaten angewiesen. So funktionieren auch Chatbots.
Ein einfaches Beispiel: Fragt man einen Chatbot auf der Webseite einer Beschaffungsplattform wie bspw. Wucato wo denn die Bestellung bleibt, kann der Chatbot die Intention hinter dieser Anfrage verstehen, wenn schon beispielhaft ähnliche Fragen vorliegen: “Wann kommt meine Bestellung an?”, “Ich vermisse seit 3 Tagen meine Bestellung”, “Kommt meine Bestellung morgen an?”, etc. - Die Frage des Users wird mit den bestehenden Daten verglichen und wenn ein “Match” vorliegt, wird die entsprechende Antwort “Deine Bestellung wird morgen eintreffen” ausgespielt.
Mehr als nur Automatisierung von Kommunikation
An demselben Beispiel kann man erkennen, dass im Hintergrund unter anderem noch zusätzliche Kommunikation zwischen Chatbot und diversen Unternehmenssystemen stattfindet, um Daten zur Bestellung zu erhalten. Man erkennt, dass es sich hierbei nicht nur lediglich um Automatisierung von Kommunikation zwischen User und Bot handelt, sondern auch um die Automatisierung von ganzen Prozessen im Hintergrund. So können User beispielsweise schreiben, dass sie ihre Bestellung stornieren möchten. Der Chatbot könnte dies sofort durch eine API Anfrage an das entsprechende Shop System realisieren.
3 Beispiele wie genau diese Automatisierungs Effekte im Einkauf Ressourcen und Zeit einsparen können:
1. “Wildes Einkaufen” oder Maverick Buying mit Hilfe von digitalen Assistenten verhindern
Eines der größten Pain Points für Einkaufsabteilungen sind Fachbereiche, die vorgegebene Prozesse umgehen, um auf eigene Faust Bestellungen für sich zu tätigen. Die Ursache liegt meistens klar auf der Hand: Der Prozess, um regelkonform über den Einkauf zu bestellen erscheint zu komplex oder aufwändig. Würde man Mitarbeitern die Möglichkeiten geben, simpel über einen Chatbot Bestellungen zu tätigen, kann dieses Problem behoben werden.
Warum sollten nun Mitarbeiter den Chatbot bevorzugen? Die Interaktion zwischen Bot und User ist die natürlichste die wir Menschen kennen: chatten. Wir tun es tagtäglich mit Freunden und Verwandten und sind dieses Verhalten gewohnt. Mit einem gut designten Chatbot, welcher vor allem auf Plattformen wie Microsoft Teams oder dem Intranet einfach zugänglich ist, kann man User für sich gewinnen. So würden Mitarbeiter:innen den Chatbot über die genannten Kanäle kontaktieren und dieser holt sich durch Fragen zur Bestellmenge, Lieferdatum und anderen Anforderungen alle notwendigen Informationen ein. Dabei ist eine Kommunikation über Schnittstellen zwischen Chatbot und Beschaffungsplattformen essenziell, um den Auftrag auszuführen. Für den Fall, dass verschiedene Produkt Ausführungen oder Lieferanten im System hinterlegt sind, kann der Chatbot vergleichsweise alle listen und auch bevorzugte an erster Stelle nennen. Proaktiv können Bundles und Kits vorgeschlagen werden, um stets kompatible Produkte zu bestellen. Außerdem sorgt der Chatbot dafür, dass Regularien und Richtlinien eingehalten werden, und nur Produkte bestellt werden können, für die eine Freigabe vorliegt.
2. Lieferanten schneller integrieren mit Hilfe von Chatbots
Im Zuge der weltweiten Lieferengpässe sind Unternehmen immer mehr gezwungen neue Lieferanten zu integrieren, um Produktionsengpässen aus dem Weg zu gehen. Leider stellen die Onboarding Prozesse von Lieferanten oftmals eine Hürde dar. In den meisten Fällen sind wiederum komplexe und langwierige Prozesse Ursache dafür. Durch den Einsatz von Chatbots kann der gesamte Integrationsprozess eines Lieferanten abgewickelt werden. Durch die Integration von Beschaffungsplattformen über RPA Prozesse oder API Schnittstellen, können die Daten automatisiert an den richtigen Stellen eingespielt werden.
Zusätzlich haben die Lieferanten die Möglichkeit unterschiedliche Fragen während der geführten Konversation zu stellen. Somit können gleichzeitig Mitarbeiter Ressourcen im Einkauf geschont werden, die anderweitig klassische Standardfragen wie “Ist auch eine elektronische Rechnungsstellung möglich?” von Lieferanten beantworten müssten.
3. Verhandlungen mit Lieferanten durch Chatbots automatisieren
Großes Potenzial liegt vor allem bei unverhandelten Angeboten im Tail Spend Bereich bzw. bei Unterwertvorgängen- (C-Teile Management). Dabei sind Angebote gemeint, die aufgrund von mangelnden Ressourcen im Einkauf, einfach bestellt werden ohne dass Preis- oder Zahlungsbedingungen verhandeln werden. Hier wird der Aufwand auf menschlicher Seite im Vergleich zum Nutzen nicht gerecht.
Ein ganz anderes Bild ergibt sich jedoch, wenn die Angebote automatisiert von einem Chatbot verhandelt werden. Denn hier schlummert riesiges Einsparungspotential. An dieser Stelle ist die Anbindung des Chatbots an Beschaffungsplattformen notwendig, um von einer Vollautomatisierung zu profitieren. So kann im System vom Einkäufer durch bestimmte Einstellungen entschieden werden, welche Angebote vom digitalen Assistenten verhandelt werden sollen. Danach wird ein Einladungslink per E-Mail an den Lieferanten geschickt. Beim Öffnen des Links erscheint eine Chat Oberfläche, wo die Verhandlung zwischen Chatbot und Lieferant stattfindet. Dabei kann der Chatbot einen klaren Zielpreis vorgeben oder den Lieferanten nach einem Rabatt fragen. Im Hintergrund können Logiken festgelegt werden bei welcher Höhe von Rabatt der neue Preis angenommen wird.
Ein einfacher Start bietet die Einführung eines solchen Use Cases im indirekten Einkauf. Zusätzlich kann die Automatisierung von Verhandlungen auch auf andere Bereiche wie im direkten Einkauf oder für Ausschreibungen langfristig ausgeweitet werden. Für weitere Informationen und zu Veranschaulichung lohnt es sich das Demo Video vom Procurement Summit anzuschauen.
Entscheider mit Business Cases überzeugen und Vorreiter für die Digitalisierung werden
Natürlich gibt es noch viele weitere Use Cases im Einkauf, bei denen der Einsatz von digitalen Assistenten lohnenswert ist. Best practice an dieser Stelle ist es mit einem Use Case anzufangen und von da aus in weitere Anwendungen auszuweiten. Die Entwicklung sollte iterativ erfolgen mit dem Ziel Erfahrungswerte zu sammeln und sich langfristig auf die Reise der digitalen Transformation und Automatisierung zu begeben. Denn zukünftig sollten sich Einkaufsabteilungen immer mehr auf strategische Themen fokussieren und klassische Routineaufgaben in Automatisierungsprozesse übergeben können.
Über die Autorin:
Michelle Skodowski ist Mitgründerin der BOTfriends, einem Unternehmen spezialisiert auf die Automatisierung von Prozessen und Kommunikation im Einkauf mit Hilfe von virtuellen Assistenten. Als COO verantwortet sie Chatbot- und Voicebot-Projekte mit namhaften Kunden wie Porsche, Innogy oder der Deutschen Telekom. Auf bekannten Branchenevents wie wie dem Google Cloud Summit oder dem Chatbot Summit hat Michelle sich als Speakerin zum Thema Künstliche Intelligenz einen Namen gemacht. Als weibliche Gründerin bemüht sie sich, andere junge Frauen für Unternehmertum und technische Themen zu begeistern. Für dieses Engagement und ihre bisherigen Erfolge mit BOTfriends erhielt sie im Jahr 2019 den Digital Female Leader Award und den AmCham Female Founders Award. Im November 2021 wurde Michelle gemeinsam mit ihrem Co-Founder Kevin Dees von Forbes unter die 30 einflussreichsten Menschen unter 30 in der DACH-Region gewählt.
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